Corona, Hausbau, Kinder, Dieses und Jenes. So haben sich die Anzahl unserer Tauchgänge in den letzten Jahren massiv reduziert. Aber das verlängerte Fronleichnam Wochenende haben wir genutzt, um nach langem mal wieder an den Bodensee zu fahren.

Da wir schon länger nicht mehr im Bodensee waren, erwarteten uns gleich mehrere Überraschungen. Und keine war sehr erbaulich.

Nachdem ein Übungstauchgang in unserem Vereinssee ganz gut klappte (Stage Shopping Übung, Bailout Prozedere, manuelles CCR fahren, Boje setzen, Freiwassernavigation), beschlossen wir mal wieder einen etwas anspruchsvolleren Tauchgang zu machen, ohne gleich zu übertreiben. Dazu sollte es an den Bodensee gehen und mal wieder an den Tennisplätzen runter.

Ein paar Tage vor Abfahrt dann die erste Einschränkung: Tibor sollte am Vortag vor der Abfahrt seine Covid Impfung bekommen. Die Nebenwirkungen sind ja sehr unterschiedlich - ich merkte bis auf den kleinen Piks gar nichts - aber bei Tibor sollte das anders sein. Er hatte erhöhte Temperatur und fühlte sich auch am Folgetag noch nicht fit genug zum Tauchen.

Erster Tauchgang: Lädine Ludwigshafen

Das war aber nicht weiter tragisch, Kerstin wollte ein Jahr nach ihrem letzten Tauchgang auch mal wieder in’s Wasser. So beschlossen Kerstin und ich, dass wir am Donnerstag, unserem ersten Tag am See, erst mal mit einem einfachen Tauchgang zur Lädine machen. Das Wetter war angenehm warm, aber nicht heiß, also perfektes Badewetter, auch wenn das Wasser oben mit rund 17-18 Grad noch etwas kalt war. Entsprechend war das Ufer in Ludwigshafen am Bodensee voll. Nach etwas warten haben wir aber einen der begehrten Parkplätze ergattern können. Wir haben uns komplett am Auto umgezogen und sind mit kompletten Gerödel ins Wasser marschiert. Ich hatte etwas Sorge, dass vorab ins Wasser gebrachte Material bei den vielen Badegästen nicht unbehelligt bleiben würde.

Notiz an mich: Nächstes mal doch zumindest die Stage und Flossen (ich hatte eine 40 cuft Bailout dabei) vorweg ins Wasser tragen. Das JJ wiegt rund 39kg tauchfertig, hinzu kommen 4kg Blei, 2kg Flossen, 1kg Lampentank, 1kg Gas, 7kg Stage… mindestens 55kg in Summe. Ich wiege keine 70kg und bin keine Ameise, dafür in einen luftdichten, schwarzen Kunstoffanzug eingehüllt und laufe 250m durch die Sonne. Da kam doch schon etwas Neid auf Kerstins leichte Mono12 (Nx32) auf.

Aber da der Tauchgang ja nicht besonders anspruchsvoll ist - die Lädine liegt auf knapp 19-20m und nur etwa 5 Minuten vom Einstieg entfernt - war die Anstrengung vorab zwar nervig, aber sicherheitstechnisch irrelevant.

Beim Einstieg mussten wir uns kurz orientieren, da das Bojenfeld, das früher die Position der Lädine markierte, abgebaut wurde. Aber auch ohne ist die Lädine sehr einfach zu finden: Am Zaun, der den Naturschutzbereich abgesteckt, einsteigen. Dann zu Fuß hinaus bis das Wasser tief genug ist um zu schwimmen. Hinunter auf 18m und dann rechts am Ufer entlang (Ufer -> rechte Schulter) bis nach etwa 5 Minuten auf gemütlicher Geschwindigkeit das Wrack kommt.

Das Wrack selbst ist nicht gerade besonders spannend, letztlich ist nicht viel übrig. Aber Muscheln und Fische gibt es zu beobachten und so waren wir nach weniger als 40 Minuten wieder aus dem Wasser.

Invasion der Quagga Muschel

In diesem und im nachfolgenden Tauchgang sollten wir eine andere, erschreckende Beobachtung machen: Da wir schon seit langem nicht mehr im Bodensee unterwegs waren, haben wir gar nicht mitbekommen, dass sich die aus dem Schwarzen Meer stammende Quagga Muschel im Bodensee invasiv ausgebreitet hat.

Im Jahr 2016 wurde diese zum ersten mal im Bodensee nachgewiesen und hat - bar jeder Fressfeinde - sich bis dato massiv ausgebreitet. Das interessante an der Muschel ist, dass sie noch nicht einmal auf einen festen Untergrund angewiesen ist: Tote Muscheln fallen auf die Sandflächen und die nächste Generation nutzt einfach die Muschelschalen um sich weiter auszubreiten.

Erstaunlich: Da wo früher heller Sand und grüner Bewuchs war, ist nun alles schwarz von undurchdringlichen Muschelteppichen. Es gab Flächen, da hat man so weit das Auge reichte nur noch schwarz gesehen - und zwar im wörtlichen Sinne. Millionen von schwarzen Muscheln, dicht an dicht, schluckten das Licht und jegliche andere Flora und Fauna.

Die Quagga Muschel lebt angeblich bis auf 180m Tiefe (wir haben zumindest beim 2. Tauchgang auf 50m noch welche gesehen) und ist extrem resistent.

Laut Medienberichten sinkt aktuell die Fischpopulation im Bodensee und auch die Wasserentnahmestellen werden wohl bis 2035 komplett mit neuen Filterkonzepten konzipiert und umgebaut werden müssen. 

Das war traurig anzusehen…

2. Tauchgang: Tennisplätze

Nachdem Tibors Impfnebenwirkungen nachgelassen hatten, wollten wir nun unseren 2. Tauchgang angehen. Geplant war mit einer Abstiegsgeschwindigkeit von 10m/min an den Tennisplätzen innerhalb von 5 Minuten (wir messen Zeiten immer erst nachdem wir den Bubble-Check und die 10m Tiefenlinie passiert haben) auf 60m Tiefe zu gehen. Dort wollten wir dann für 10 Minuten das Ufer nach rechts betauchen. Dann auf 40m Aufsteigen und am Fuß der Steilwand zwischen Überlingen Liebesinsel und Parkhaus Post für weitere 20 Minuten entlang tauchen. Danach war für den Rückweg ein weiterer Level für etwa 20 Minuten auf 20m geplant und dann über die verbleibende Deko zurück zum Einstieg.

 

Wie man an den Diagramm sieht, ist die Umsetzung analog verlaufen. Auf 60m sind wir um max. 3m zu tief gesunken und haben den Fehler dann korrigiert. Da die Dekostopps nicht an der Boje, sondern zum Einstieg zurück tauchend durchgeführt wurden, sind die Tiefen nie ganz optimal eingehalten. Das kompensieren wir immer mit etwas konservativen Deko Parametern. Wir tauchen nach ZHL-16B +GF und unser GF High ist bei 75%. Der Sinn und Nutzen des GF Low ist in den letzten Jahren ja viel diskutiert worden. Im Falle unseres Multi-Level Tauchgang allerdings sowieso irrelevant, da wir ja keinen direkten Aufstieg geplant hatten.

 

Gut geplant und bestens vorbereitet lief der Tauchgang zu unserer Zufriedenheit. Auf 40 Meter trafen wir auf das kleine Jollenwrack an den Tennisplätzen. Ich hatte ganz vergessen, dass dort eines lag. Auch dieses war, wie auch die Umgebung, komplett von schwarzen Muscheln bedeckt.

Dann ging es an der immer wieder beeindruckenden Steilwand entlang. Dadurch, dass in den letzten Jahren die Gläserne Werft am Ufer gebaut wurde, hat man nun auch einen guten Anhaltspunkt wo der Einstieg ist, wenn man zurück kommt. So haben wir diesen auch problemlos mit 3 Minuten verbleibender Dekompressionsverpflichtung wieder gefunden.

 

Die Scooter bleiben zuhause :-(

In den vergangenen Jahren habe ich immer mal wieder über unsere Scooterfahrten im Bodensee berichtet. In diesen Zeiten wären wir nicht im Traum darauf gekommen, dass die Bodensee-Schifffahrtsordnung deren Einsatz verbieten könnte.

Auch wurde damals das Thema von den Behörden weder verfolgt, noch kontrolliert. Inzwischen ist das leider anders: Im letzten Jahr (2020) wurde vom Schifffahrtsamt Konstanz definiert, dass Tauchscooter in die Kategorie “Aqua-Scooter” (das sind motorisierte Schwimmhilfen auf der Wasseroberfläche) entsprechend Art. 6.15 Abs. 7 BSO fallen. Somit sind diese im kompletten Bodensee verboten.

Wir hörten, dass dieses Verbot inzwischen auch streng kontrolliert wird. Ein befreundeter Taucher wurde erwischt und musste 175€ zahlen.

Auch wurde uns erzählt, dass ein lokaler Tauchverein auch schon versuchte dieses Verbot vor Gericht erfolglos anzufechten. 

Wirklich bedauerlich, denn ich bin der Meinung, dass Scooter eine Bereicherung für den See wären und Tauchgänge sogar sicherer machen können. Ohne diesen wäre zum Beispiel die Leiche vor dem Strandbad Überlingen statt von uns vermutlich erst im Sommer von Badegästen gefunden worden.

Kein lohnendes Ziel für einen dritten Tauchgang im Bodensee

Eigentlich wollten wir noch einen Tauchgang machen, aber irgendwie ist uns kein lohnendes Ziel mehr eingefallen. Der Landesgartenschau musste der Tauchplatz Campingplatz und Tauchplatz Baugraf (Seezeichen 24) weichen. Diese Tauchplätze waren genial, besonders der vorgelagerte “Unterwasserberg” vor dem Baugraf. Ohne Scooter ist die Reichweite sehr eingeschränkt, so dass ein 2. Tauchgang in Überlingen auch nicht so spannend ist. Die Dorniermole ist momentan wegen Corona gesperrt. Wallhausen wird auch immer mehr eingeschränkt. Die verbleibenden Halden haben kaum noch Bewuchs durch die Muschel-Invasion.

Zudem merkt man als Besucher am Bodensee sehr gut, dass man nicht besonders erwünscht ist. Die Region ist sehr reich, hat viel Industrie und gerade Aktivurlauber sind eher störend. Schade eigentlich, aber ganz in der Nähe gibt es ja noch jede Menge schöne Flecken in der Schweiz und in Österreich. Und scheinbar bin ich nicht der einzige mit dieser Meinung: Wir haben in den 4 Tagen nur zwei weitere Taucher getroffen.

 Ein Affe auf dem Affenberg in Salem 

Am letzten Tag beschlossen wir, statt zu tauchen den Affenberg zu besuchen. Dies ist ein schönes Ausflugsziel, insbesondere für Familien mit kleinen Kindern. Dann ging es auch schon wieder nach Hause.









 

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